Die Geschichte der Menschheit, die gesellschaftlichen Entwicklungen und die Fortschritte der Zivilisation sind geprägt durch Migration. Menschen verließen schon seit jeher ihren Wohnort um nach neuen und besseren Lebensbedingungen zu suchen. Der Begriff Migration (von den lateinischen Wörtern „migrare“ – wandern, wegziehen und „migratio“ – Wanderung abstammend) beschreibt jegliche räumliche Bewegung von Individuen, Familien, Gruppen oder auch ganzen Bevölkerungen, die einen längerfristigen Wohnortwechsel bedingen. Dabei steht die freiwillige Migration (z.B. zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, eines Studiums oder einer Ausbildung, aber auch die Heiratsmigration) der Zwangsmigration gegenüber (z.B. Flucht oder Vertreibung aus lebensbedrohlichen Zwangslagen, die politischen, religiösen, ethnologischen oder ökologischen Ursprungs sein können). Laut Migrationsbericht der Bundesregierung sind im Jahr 2018 netto rund 400.000 Menschen nach Deutschland zugewandert, basierend auf 1,58 Millionen Zuzügen und 1,18 Millionen Fortzügen. Zwei Drittel der Zugewanderten kamen aus einem anderen europäischen Staat nach Deutschland. „Deutschland ist ein Einwanderungsland“ Diese Einschätzung teilt mittlerweile auch die Bundesregierung ganz offiziell. Vertreter*innen aus der Wirtschaft formulieren es in Zeiten des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels noch deutlicher: „Deutschland braucht Einwanderung“. Zurzeit zeigt die Realität jedoch noch ein anderes Bild: Die im Ausland erworbenen Abschlüsse und Qualifikationen der zugewanderten Menschen werden in Deutschland oft nicht anerkannt, mit dem Ergebnis, dass sich viele hoch qualifizierte Migrant*innen in schlecht(er) bezahlten Arbeitsverhältnissen oder in Arbeitslosigkeit wiederfinden. Nach wie vor Benachteiligungen Jugendliche und junge Erwachsene mit Migrationshintergrund werden im Bildungs- und Ausbildungsbereich benachteiligt (vgl. Beicht/Walden, 2019). Migrant*innen werden mit Vorurteilen, Diskriminierungen und Rassismus konfrontiert (vgl. z.B. SVR-Forschungsbereich, 2018). Auch Arbeitgeber beschränken sich noch immer zu sehr auf die Sprachdefizite der Migrant*innen anstatt ihre Potenziale und Kompetenzen zu sehen. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass auf institutioneller wie kultureller Ebene noch eine Vielzahl an Strategien und Maßnahmen zur Förderung einer teilhabeorientierten Migrationsgesellschaft erforderlich sind. Auch auf individueller Ebene sind die Herausforderungen von Migration groß. Zugewanderte sind mit einer Vielzahl radikaler Veränderungen in allen Lebensbereichen konfrontiert, was große individuelle Belastungen mit sich zieht. Deshalb ist es wichtig, dass die Aufnahmegesellschaft entsprechende (psycho-) soziale Hilfs- und Orientierungsangebote bereithält, um Folgeprobleme zu minimieren. Vorbehalte – Rassismus – Populismus Obgleich Studien belegen, dass die Mehrheit der Bevölkerung Zuwanderung als Bereicherung sieht und ein positives Bild vom Zusammenleben in Deutschland überwiegt, werden gerade in Zeiten gestiegener Migration auch immer wieder Stimmen nach einer Begrenzung von Einwanderung lauter. Die Gründe hierfür sind meist emotionaler Natur, z.B. Konkurrenzempfinden auf dem Wohnungs- oder Arbeitsmarkt, diffuse Ängste vor „Überfremdung im eigenen Land“ oder rassistisch motivierte Abwehrreaktionen. Bedauerlicherweise versuchen verschiedene Politiker*innen immer wieder aus diesen Ängsten Profit zu schlagen und heizen diese Debatten unnötig an („Migration ist die Mutter aller Probleme“) anstatt in einen rationalen Dialog darüber einzutreten. Selektive Einwanderungspolitik Im Spannungsfeld der Forderungen nach mehr bzw. weniger Migration wird als vermeintlicher Konsens eine selektive Einwanderungspolitik vorgeschlagen, die sich primär nach der „ökonomischen Verwertbarkeit“ von Migrant*innen richtet. Gut qualifizierte Einwanderer sollen willkommen geheißen und mit möglichst wenig Hürden bei der Integration (in Arbeit versteht sich) konfrontiert werden, während Menschen, die diese (formellen) Voraussetzungen nicht sofort entsprechen, die Einwanderungen erschwert werden soll. In diesem Zusammenhang wird oft das „kanadische Einwanderungsmodell“ ins Spiel gebracht, das Migration nach einem Punktesystem regelt, welches nach Ausbildung, Arbeitserfahrung, Sprachkenntnissen und Alter klassifiziert. Migrationsexpert*innen bezweifeln jedoch die Wirksamkeit der Übertragung dieses Modells für Deutschland (vgl. Mediendienst Integration, 2015). Zudem widerspricht diese rein ökonomisch geleitete Einwanderung dem humanitären Auftrag von Einwanderungspolitik. Mit dem „Fachkräfteeinwanderungsgesetz“ setzt die Bundesregierung den Weg der selektiven Einwanderungspolitik weiter fort. Im Mittelpunkt stehen vor allem erleichterte Zuwanderungsoptionen für beruflich Qualifizierte und Möglichkeiten der Zuwanderung zum Zweck der Erwerbstätigkeit für Hochqualifizierte. Zudem wurden die Bleiberechtsregelungen für „gut integrierte“ und sozialversicherungspflichtig beschäftigte Geflüchtete sowie die Möglichkeiten einer Ausbildungsduldung verbessert, ohne jedoch vom Grundsatz der Trennung zwischen Geflüchteten-Status und Arbeitsmigration (Stichwort: Spurwechsel) aufzuheben. Migrationsarbeit beim Multikulturellen Forum: Um die Potenziale eingewanderter Menschen für Deutschland effektiv nutzbar zu machen, bedarf es nicht nur einer Liberalisierung von Migrationskriterien, sondern vor allem klug verzahnte Unterstützungsangebote. Das Multikulturelle Forum deckt mit seinen Angeboten viele Bereiche ab, die Migrant*innen dabei helfen, sich in Deutschland einzuleben. Zugewanderten stehen Orientierungs- und Informationsangebote im Rahmen der Migrationsberatung offen. Geflüchtete, die sich in einem noch nicht abgeschlossenen Asylverfahren befinden, werden durch die Flüchtlingsberatung auf diesem Weg unterstützt und begleitet. Sprach- und Integrationskurse sorgen dafür, dass sich Zugewanderte schnellstmöglich in Deutschland verständigen können. In den Kursen lernen sie auch, sich in Alltagssituationen (Einkaufen, Telefonieren, öffentliche Verkehrsmittel, Kontakt mit Behörden etc.) zurecht zu finden. Hinzu kommen zahlreiche interkulturelle Veranstaltungen und Begegnungsmöglichkeiten wie Gesprächskreise, Erzählcafés, Fahrradtouren, Lesungen uvm. von und für Migrant*nnen. Zur Förderung ihrer Chancen auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt bietet das MkF eine Vielzahl unterschiedlicher Qualifizierungsprojekte an. Das Entscheidende ist die Vernetzung der Angebote untereinander, damit der Integrationsprozess durch aufeinander aufgebaute und abgestimmte Förderung nachhaltig zum Erfolg führt. Ebenso wichtig ist jedoch die Vernetzung mit externen Kooperationspartnern. Dadurch kann das MkF auch bei speziellen Bedürfnissen der Migrant*innen, etwa durch Vermittlung an Psycholog*innen, helfen. Quellen Beicht/Walden (2019): Der Einfluss von Migrationshintergrund, sozialer Herkunft und Geschlecht auf den Übergang nicht studienberechtigter Schulabgänger/-innen in berufliche Ausbildung, Bonn. Forschungsbereich beim Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR-Forschungsbereich) (2018): „Wo kommen Sie eigentlich ursprünglich her?“. Diskriminierungserfahrungen und phänotypische Differenz in Deutschland, Berlin. Mediendienst Integration (2015): Kanadisches Punktesystem als Vorbild?, veröffentlicht am 23.01.2015 unter: https://mediendienst-integration.de/artikel/punktesystem-kanada-einwanderungsgesetz.html
Bleibeperspektive, Migrant:innen und ihre Familienangehörigen und gibt