Sie ist eine griechische Schönheit. Die Locken hochgesteckt, ein leichtes Lächeln. Dazu ein Blick, der je nach Winkel mal streng, mal mitleidig wirkt. So thronte sie jahrzehntelang auf einem Schrank in Georg Hennebergs Arbeitszimmer und schaute prüfend auf jeden hinunter, der vor seinem Schreibtisch saß: Hygieia, die griechische Göttin der Gesundheit. Ulrike Folkens hat die Büste im Archäologischen Nationalmuseum in Athen gekauft – zum 60. Geburtstag ihres Chefs. 1968 war das, Folkens balancierte das Stück den ganzen Rückflug über auf dem Schoß. „Die Büste gehörte einfach zur Aura seines Arbeitszimmers. Und für Georg Henneberg hatte sie eine Wächterfunktion. Sie wachte über das, was er für das gesundheitliche Wohl der Bevölkerung tat“, sagt sie. Georg Henneberg war von 1955 bis 1969 Direktor des Robert Koch-Instituts, später des Bundesgesundheitsamtes. Er hat das RKI in den Nachkriegsjahren neu aufgestellt und maßgeblich dazu beigetragen, es international konkurrenzfähig zu machen. Ein Bakteriologe und Virologe, der von Anfang an alle Facetten der Gesundheit der Bevölkerung im Blick hatte – ein Vorreiter in Sachen Public Health. Ein Griechenland-Fan, der seine Mitarbeiter am Wochenende gern bei sich zu Hause mit Kaffee und Kuchen bewirtete – und jede Diskussion, die nicht nach seinen Vorstellungen verlief, mit einem „Thema durch!“ für beendet erklärte. Die beiden Frauen, die beim siebten Salon zur Institutsgeschichte auf dem roten Sofa sitzen, erinnern sich daran nur zu gut. Ulrike Folkens hat jahrelang im RKI als medizinisch-technische Assistentin gearbeitet. Henneberg war bei ihrer Hochzeit Trauzeuge, im Laufe der Zeit sei sie wie eine Tochter für das Ehepaar Henneberg gewesen, sagt Folkens. Die Ärztin Gudula von der Osten Sacken ist mit Georg Henneberg verwandt – ihr Großvater und Hennebergs Vater waren Vettern.
Bakteriologie, Originale und Referate, beim Verlag Gustav Fischer