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Interkulturelle Öffnung | Multikulturelles Forum e.V.

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Bedeutung von Interkultureller Öffnung In einer immer vielfältiger werdenden Gesellschaft werden auch die Sprachen, Lebensentwürfe und kulturellen Deutungsmuster innerhalb der Bevölkerung vielschichtiger. Damit gehen verschiedene individuelle, institutionelle und gesellschaftliche Herausforderungen einher, die verhindern sollen, dass etwa sprachlich oder kulturell bedingte Hürden, Missverständnisse oder Ausgrenzungen sowohl zwischen den Bürger*innen als auch zwischen Organisationen (z.B. Behörden, Vereinen oder Unternehmen) und ihren Kund*innen, Klient*innen oder Mitgliedern überwunden werden. Denn ungleiche Teilhabechancen innerhalb der Bevölkerung sind weder demokratisch noch ökonomisch sinnvoll. Durch interkulturelle Öffnung sollen bestehende Barrieren und Abgrenzungsmechanismen abgebaut werden, damit jedes Individuum ungeachtet seiner sozialen oder kulturellen Herkunft gleichberechtigten Zugang zu allen Gütern und Dienstleistungen erhält. Interkulturelle Öffnung ist somit ein „bewusst gestalteter Prozess, der (selbst-)reflexive Lern- und Veränderungsprozesse  von und zwischen unterschiedlichen Menschen, Lebensweisen und Organisationsformen ermöglicht.“ (Schröer, 2007, S.9f) Perspektivwechsel Mit dem Begriff geht ein Paradigmenwechsel einher. Er legt den Fokus nicht mehr primär auf Defizite und Differenzen bei Migrant*innen, die durch integrative Leistungen kompensiert werden sollen, sondern nimmt die Strukturen der Mehrheitsgesellschaft (Ämter, Vereine, Betriebe) zum Ausgangspunkt von Veränderungen. Diese gilt es auf die steigende kulturelle Vielfalt in der Gesellschaft so vorzubereiten bzw. zu überarbeiten, dass sie den Bedarfen, Lebensentwürfen und Lebenslagen aller Bürger*innen, Kund*innen und Klient*innen gerecht werden. Potenzielle Widersprüche und Ausgrenzungen im interkulturellen Raum sollen möglichst schon im Vorfeld antizipiert und verhindert werden. Diese können einerseits innerhalb der interkulturellen Interaktion entstehen, wenn bestimmte Verhaltensweisen unterschiedlich wahrgenommen und interpretiert werden. Andererseits können sich Ungleichbehandlungen in Normen oder Rahmenbedingungen (z.B. Öffnungszeiten, Speisepläne, Kleidervorschriften) äußern, die auf eine ganz bestimmte Kultur ausgerichtet sind und andere Lebensweisen ausklammern. Die Notwendigkeit von interkultureller Öffnung ist inzwischen auch in Wirtschaft und Politik unbestritten, trägt sie doch entscheidend zur Sicherung von Wettbewerbsfähigkeit und demokratischer Mitbestimmung bei. Interkulturelle Öffnung in der Praxis Die Umsetzung von Interkultureller Öffnung kann sehr unterschiedlich ausfallen. Als Kernelemente gelten: Gezielte Gewinnung von Personal bzw. Mitgliedern mit Migrationshintergrund Interkulturelle Kompetenzvermittlung bei Organisationsmitgliedern. Entwicklung zielgruppenspezifischer Angebote (z.B. speziell für Frauen mit Migrationshintergrund) Verbesserte Zielgruppeninformation (z.B. durch einfache Sprache oder Mehrsprachigkeit) Ein professioneller interkultureller Öffnungsprozess sollte auf jeden Fall langfristig angelegt sein und die gesamte Organisationskultur durchdringen. Interkulturelle Öffnung durch das Multikulturelle Forum Interkulturelle Öffnungsprozesse können vor allem durch Schulungs- und Dialogformate unterstützt werden. Migrantenorganisationen sind in besonderem Maße geeignet, Institutionen der Aufnahmegesellschaft einen Einblick in unterschiedliche Lebensweisen zu ermöglichen und einen Perspektivwechsel zu initiieren. Durch interkulturelle Schulungen fördert das Multikulturelle Forum Mitarbeitende aus Unternehmen und Verwaltungen darin, ihre eigenen Wahrnehmungs- und Verhaltensmuster zu reflektieren und Empathie für kulturell bedingte Unterschiede zu entwickeln. Dieses Bewusstsein kann helfen, Konflikte und Missverständnisse im Arbeitsalltag frühzeitig zu erkennen und den eigenen Stresspegel zu senken. Flankiert werden die Angebote durch Möglichkeiten des Austausches und der Begegnung mit unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen. Darüber hinaus sensibilisiert das Multikulturelle Forum vor allem Führungskräfte und Personalverantwortliche für die Vorteile von interkulturell zusammengesetzten Teams, beispielsweise durch Fachtagungen, Netzwerktreffen oder Preisverleihungen. So zeichnen wir mit dem Interkulturellen Wirtschaftspreis z.B. kleine und mittelständische Unternehmen aus, die kulturelle Vielfalt als festen Bestandteil in der Personalpolitik verankern.   Quelle Schröer, Hubertus (2007): Interkulturelle Öffnung und Diversity Management. Konzepte und Handlungsstrategien zur Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und Migranten.
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Vielfalt | Multikulturelles Forum e.V.

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Unter Vielfalt (auch: Diversität oder englisch: Diversity) wird ein Reichtum an Arten und Formen verstanden. Der Begriff dient der Unterscheidung, aber auch der Anerkennung von individuellen oder gruppenbezogenen Merkmalen. Im Integrationskontext geht es meistens um kulturelle oder ethnische Vielfalt. Laut Allgemeiner Erklärung zur kulturellen Vielfalt der UNESCO ist kulturelle Vielfalt als „Quelle des Austauschs, der Erneuerung und der Kreativität (…) für die Menschheit ebenso wichtig wie die biologische Vielfalt für die Natur“   Diversität als politischer Begriff Mit dem Begriff wird weit mehr als die nüchterne Beschreibung eines gesellschaftlichen Ist-Zustands verbunden. Vor allem das Synonym Diversität hat im 20. Jahrhundert eine Politisierung erfahren. Aus der US-Bürgerrechtsbewegung der 60er Jahre stammend, verbindet der Begriff heute vor allem den Anspruch auf Chancengleichheit von Gruppen, die aufgrund bestimmter, von der Mehrheit abweichender Merkmale (z.B. Nationalität, Hautfarbe, Religion, Geschlecht, Alter, sexueller Orientierung etc.) benachteiligt werden. In Deutschland schlägt sich dieser Anspruch vor allem im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) nieder. Diversity Management Die Betrachtung von Vielfalt als Bereicherung oder als Chance steht im Vordergrund des inzwischen auch in Deutschland etablierten Begriffs des Diversity Management. Hierbei handelt es sich um eine Methode aus dem Personalwesen, die darauf abzielt, die Vielfältigkeit der Mitarbeitenden konstruktiv und gewinnbringend für die eigene Organisation einzusetzen. Im Vordergrund stehen dabei weniger soziale, sondern betriebswirtschaftliche Aspekte. Durch vielfältiges Personal entstehen auch vielfältige Produkte, Lösungsstrategien und Kundenbeziehungen. Des Weiteren erhöht es die Wertschätzung und Motivation der Mitarbeitenden und damit auch die Wettbewerbsfähigkeit. Die Verbreitung von Diversity Management in Unternehmen und Verwaltungen wird von der Politik, Wirtschaft und Wissenschaft propagiert und gefördert, beispielsweise durch die Charta der Vielfalt. Gesellschaftlicher Auftrag Mit dem Phänomen „Vielfalt“ ist auch ein gesellschaftlicher Auftrag verbunden. Reagiert die Gesellschaft mit Gleichgültigkeit oder Ablehnung auf die zunehmende Heterogenität, besteht die Gefahr einer sozialen und kulturellen Desintegration, was den Nährboden für Extremismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit bereitet. Gerade die Zivilgesellschaft ist an dieser Stelle gefordert, den offenen Dialog zwischen den Religionen, Kulturen und Generationen kontinuierlich zu fördern, und sich aktiv für Vielfalt und Toleranz einzusetzen. Vielfalt beim Multikulturellen Forum Dem Leitmotiv „Stark durch Vielfalt“ folgend versteht das Multikulturelle Forum Vielfalt als Bereicherung und praktiziert sie sichtbar und erlebbar in der eigenen Arbeit. Dazu gehört auch die gezielte Gewinnung von vielfältigem Personal. Seine Belegschaft stammt aus mehr als 20 Nationen, spricht mindestens 25 verschiedene Sprachen, weist eine Altersspanne von mehr als 40 Jahren auf, und stellt seit jeher auch Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen ein. Die projektbezogenen Teams werden möglichst geschlechtsheterogen, multikulturell und interdisziplinär zusammengesetzt. Gegenseitiger Respekt und Anerkennung werden im Verein großgeschrieben. Auch außerhalb des Hauses setzen wir uns für Vielfalt und gegen Intoleranz ein. So organisieren wir immer wieder Lesungen, Filmreihen oder Diskussionsforen zu Themen wie Migration, Flucht oder Rassismus, interkulturelle Erzählcafés oder Gesprächskreise für verschiedene Bevölkerungsgruppen. Als Facheinrichtung mit über 30 Jahren Praxiserfahrungen insbesondere mit Blick auf die Zielgruppe „Menschen mit Migrationshintergrund“ richtet es seine Präventionsangebote insbesondere darauf aus, Empathie, Respekt und Toleranz zu vermitteln. Verschiedene Bildungsformate sensibilisieren gegen Vorurteile und Diskriminierung, und setzen sich für demokratische Umgangsformen und Vielfalt in Schulen, Behörden und in der Öffentlichkeit ein. Um für den Umgang mit Vielfalt in Wirtschaft und Verwaltung zu sensibilisieren, bietet es auch interkulturelle Trainings für pädagogische Fachkräfte oder Behördenmitarbeitende an. Durch Fachtagungen, Dialogforen und Preisverleihungen trägt es aktiv zur Verbreitung einer diversitätsorientierten Haltung bei Unternehmen, Akteuren der Arbeitsmarktpolitik und der Öffentlichkeit bei.   Quelle UNESCO (2001): Allgemeine Erklärung zur kulturellen Vielfalt, abrufbar unter http://www.unesco.de/443.html
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Othering | Multikulturelles Forum e.V.

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Die permanente Grenzziehung Das Konzept des Othering ist im Kontext der postkolonialen Theorie entstanden. Es wurde vor allem durch Autoren wie Edward Said und Gayatri C. Spivak geprägt. Postkoloniale Theorie bezeichnet verschiedene theoretische Zugänge zu und kritische Auseinandersetzungen mit historischen und gegenwärtigen Machtverhältnissen, die im Zusammenhang mit dem europäischen Kolonialismus stehen. Die Grundannahme ist, dass sich die im Kolonialismus etablierten Machtverhältnisse bis heute fortschreiben und in der aktuellen Gesellschaft verhaftet sind. Othering verweist auf einen Akt der permanenten Grenzziehung, bei dem Menschen mittels Stereotypen und Vorurteilen (Verlinkung zum Text Vorurteile) zu „Anderen“ gemacht werden. „Die Anderen“ werden dabei als nicht-zugehörig und abweichend kategorisiert. Grundlage des Othering ist, ähnlich wie bei Vorurteilen, das Bestreben, sich selbst und andere anhand von Gruppenzugehörigkeit (In-und Outgroups) einzuordnen. Im Prozess der Grenzziehung wird das „Eigene“ als positiv und übergeordnet angesehen. Die Machtkomponente Der Prozess des Othering geschieht häufig innerhalb von Machthierarchien. Oftmals sind es Angehörige der „Mehrheitsgesellschaft“, die Menschen beispielsweise aufgrund von äußerlichen Merkmalen als „anders“ kategorisieren. Die Person, die die Grenzziehung vornimmt, reproduziert dabei bewusst oder unbewusst eine bestimmte Vorstellung von Normalität. In einer pluralen und heterogenen Gesellschaft ist eine solch starre Vorstellung davon, was „normal“ ist, problematisch und grenzt Individuen und gesellschaftliche Gruppen aus. Deswegen führt Othering oft auch zu Diskriminierungen. Nicht selten finden beispielsweise die Debatten über den Islam bzw. Muslim:innen in Deutschland in einem solchen grenzziehenden und negativ zentrierten Bezugsrahmen statt. Das immer noch geläufige Argument einer dem Islam inhärenten Gewaltkultur gegenüber Frauen und dem Kopftuch als vermeintlichem Unterdrückungssymbol verfestigt das Fremdbild muslimischer Geschlechterungleichheit („nicht-deutsch“) und stützt gleichzeitig das Selbstbild einer „westlichen“ Geschlechtergleichheit („deutsch“) (Keskinkilic 2016). Während aber Vorurteile praktisch jeder Mensch hat, geht Othering meist von gesellschaftlichen Gruppen aus, die über Privilegien verfügen. Als besonders privilegiert gelten beispielsweise Menschen, die über Attribute wie weiß, männlich, heterosexuell, finanziell abgesichert, verfügen. Aufgrund ihrer hohen gesellschaftlichen Akzeptanz schützen diese Attribute vor Rassismus, Armut und sonstigen Lebensrisiken und gelten deswegen als Privilegien. Othering zielt als Konzept also stärker auf soziale Ungleichheiten und führt als Praxis zur Reproduktion von Herrschaftsverhältnissen, entlang von Klasse, Gender, Sexualität oder zugeschriebener ethno-kultureller oder religiöser Zugehörigkeit. Ein Beispiel für Othering… zeigte sich 2019 im Kontext der Fernsehshow „Das Supertalent“: Hier fragte Dieter Bohlen (Juror der Show) eine junge Kandidatin (geboren in Herne) solange wo sie denn herkomme, bis die Mutter der Kandidatin ihr eigenes Geburtsland als Herkunft angab. Hashtags wie #vonhier oder #metwo versuchen Othering und alltäglichen Rassismus in Deutschland zu thematisieren. Betroffene berichten von alltäglichen Situationen, in denen ihnen, durch zunächst „nett gemeinte“ oder interessierte Aussagen suggeriert wird, anders und nicht zugehörig zu sein. Das führt soweit, dass junge Muslim:innen, Jüd:innen und People of Color, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, aufgrund der fortwährenden Erfahrungen mit Othering, sich selbst nicht als zugehörig fühlen. Die Privilegien bestimmter Gruppen und die Benachteiligung und Diskriminierung anderer Gruppen werden oft nicht hinterfragt, da bestehende und vertraute Strukturen erst einmal als ungerecht und veränderbar erkannt werden müssen. Voraussetzung, um gegen Othering als Praxis vorzugehen, wäre vor allem tief verankerte Normvorstellungen aufzubrechen und an die gesellschaftliche Realität anzupassen. Sensibilisierungsarbeit Im Multikulturellen Forum greifen wir das Thema Othering in verschiedenen Projekten auf und versuchen durch Bildungsarbeit für die Problematik zu sensibilisieren. Das Projekt „Muslime im Dialog: Verbunden – Vernetzt – Selbstbestimmt“ nimmt Muslim:innen als selbstverständlichen Teil der Gesellschaft in den Fokus. Unter dem Motto „More than one Story“ wollen wir identitätsstiftende Narrative und diverse Vorstellungen von Heimat und Zugehörigkeit mit jungen Muslim:innen möglichst kreativ bearbeiten. Es werden Räume geschaffen, in denen zum einen Vorurteile, Stereotype und eigene Erfahrungen von Ausschluss thematisiert werden können. Zum anderen werden die Jugendlichen in ihrem Empowerment bestärkt, indem sie ermutigt und unterstützt werden, ihre eigenen Perspektiven im Hinblick auf das Zusammenleben zu entwickeln und in den Diskurs einzubringen. Fragen wie: „Wie stelle ich mir Gesellschaft vor? Welche Werte sind mir wichtig? Was wünsche ich mir für meine Zukunft? Wie können wir besser Zusammenleben?“ stehen hier im Fokus. Auch im Projekt „Objektiv-junge Medienmacher mit Durchblick“ haben wir uns intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt. Juden und Jüdinnen werden seit Jahrhunderten als fremd und andersartig wahrgenommen und vor diesem Hintergrund verfolgt und vernichtet. Aber auch ganz aktuell werden antisemitische Verschwörungsnarrative wieder virulent. In dem Projekt haben wir uns verschiedene Medienformate angeguckt und danach gefragt, welche Rolle Medien in der (Re-)Produktion von Vorurteilen spielen und inwiefern sie zum Othering bestimmter gesellschaftlicher Gruppen beitragen. Literatur Keskinkiliç, O. (2016): Antimuslimischer Rassismus: Figuren, Funktionen und Beziehungen zum Antisemitismus, in: Migrationspolitisches Portal-Heinrich-Böll-Stiftung Weiterführende Literatur Said, E. (2012): Orientalismus, 3. Auflage, Frankfurt am Main Spivak, Gayatri C. (1988): Can the Subaltern Speak? In: Cary Nelson/Larry Grossberg. (Hrsg.): Marxism and the Interpretation of Culture. Urbana/IL: University of Illinois Press: 66–111 Ha, M./Trinh,T. (1989): Woman, Native, Other: Writing Postcoloniality and Feminism, Bloomington Attia, Iman (2009): Die „westliche Kultur“ und ihr Anderes. Zur Dekonstruktion von Orientalismus und antimuslimischen Rassismus, Bielefeld
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Vorurteile | Multikulturelles Forum e.V.

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Die drei Komponenten des Vorurteils Vorurteile werden meist als negative Einstellungen gegenüber einer Gruppe oder ihren Mitgliedern definiert. Die Vorurteilsforschung geht davon aus, dass Vorurteile aus drei Komponenten bestehen. Die kognitive Komponente bezeichnet die kognitive Fähigkeit, Menschen, Gegenstände, Vorgänge etc. intuitiv zu sortieren und zu Kategorien zuordnen. Diese Kategorien werden im Sozialisationsprozess erlernt. Das Elternhaus, das soziale Umfeld, das Bildungssystem, aber auch Medien usw. prägen und vermitteln diese Kategorien. Die kognitive Komponente führt also dazu, dass wir vermeintliches Wissen über eine Person erwerben, die aufgrund von bestimmten Merkmalen einer Gruppe zugeordnet wird (z.B. „Frauen sind anders als Männer“). Die affektive Komponente greift diese stereotypen Vorstellungen auf und verbindet sie mit negativen Emotionen, die sich dann nicht mehr nur auf die vermeintlichen Eigenschaften der Gruppe beziehen, sondern die Gruppe selbst als negativ oder defizitär wahrgenommen wird (z.B. „Frauen sind irrational und emotionsgeleitet“). Die dritte Komponente ist die Verhaltenskomponente. Sie bezeichnet die unfaire Behandlung von Menschen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die sowohl in Form der aktiven Benachteiligung dieser Gruppen als auch in Form der Bevorzugung anderer Gruppen stattfinden kann (J. Schindler/A. Bartsch 2019). Ein Beispiel wäre, dass einer Frau eine Führungsposition verwehrt wird, weil sie (als Frau) für zu irrational und emotionsgeleitet gehalten wird. In der sozialen Interaktion mit Anderen stehen die drei Komponenten in einer engen Wechselbeziehung zueinander und sind kaum voneinander zu trennen. Implizite und explizite Vorurteile Darüber hinaus unterteilt man in implizite und explizite Vorurteile. Explizite Vorurteile sind solche, die der Person selbst bewusst sind und beispielsweise verbal geäußert werden oder auch abfragbar sind. Implizite Vorurteile existieren eher unterbewusst und werden durch bestimmte Reize, wie beispielsweise personelle Merkmale aktiviert. So konnte eine Studie der Universität Mannheim zeigen, dass Schüler:innen mit einem vermeintlichen Migrationshintergrund, bei gleicher Leistung, schlechter benotet werden als Kinder ohne Migrationshintergrund. Durchgeführt wurde die Studie mit Lehramtsstudierenden. Während die eine Gruppe ein Diktat von „Max“ benotete, erhielt die andere Gruppe ein identisches Diktat von „Murat“. Die Anzahl der gefundenen Fehler war dabei in beiden Diktaten gleich. Dennoch leiteten die Lehramtsstudierenden aus der gleichen Anzahl von Fehlern unterschiedliche Noten ab – mit Nachteil für die vermeintlich türkischen Schüler:innen. (Bonefeld/Dickhäuser 2018) Gruppenzugehörigkeiten und soziale Identität als Ursache Menschen neigen zu Vereinfachungen, um sich in einer komplexen Welt zurechtzufinden und trotz begrenzter Ressourcen orientierungs- und handlungsfähig zu bleiben (J. Schindler/A. Bartsch 2019). Dazu kommen evolutionsbedingte und existenzielle Grundbedürfnisse: das Bedürfnis nach Zugehörigkeit oder das Bedürfnis nach Selbstaufwertung (Fiske 2000). Die Theorie der sozialen Identität versucht zu erklären, wie wir uns als Individuum selbst und Andere in der Welt verorten. Sie geht zunächst davon aus, dass jeder Mensch das Grundbedürfnis nach einer positiven Selbsteinschätzung hat, die wir über unsere Gruppenmitgliedschaften klären. Beispielsweise die Zugehörigkeit zu einem Geschlecht, das Geburtsland, aber auch die Zugehörigkeit zu einem Sportverein sind solche Gruppen. In diesem Prozess der Zuordnung und Abgrenzung zu Gruppen kommt es dann zur Favorisierung der eigenen Gruppe (Ingroup), bei gleichzeitiger Ablehnung der Fremdgruppen (Outgroups). Wie können Vorurteile abgebaut werden? Der wohl wichtigste Schritt, den jede:r selbst tun kann, um gegen die eigenen Vorurteile vorzugehen, ist die Bewusstwerdung der eigenen Kategorien und Schubladen im Kopf und die kritische Reflexion dieser. Außerdem sollte jede:r versuchen sich in seinem/ihrem Handeln nicht von den eigenen Vorurteilen leiten zu lassen. Vorurteile dürfen nicht dazu führen, dass Menschen anders behandelt oder diskriminiert werden. Neben der kritischen Reflektion der eigenen Vorurteile kann der Kontakt von In- zu Outgroup-Mitgliedern eine weitere Interventionstechnik sein. Dass Vorurteile durch Kontakt vermindert werden können, wurde empirisch bestätigt. Der Abbau von Vorurteilen steht dabei nicht zwingend im Zusammenhang mit der Begegnung selbst, sondern ist von den Umständen des Kontaktes abhängig. Vorurteile abbauen beim Multikulturellen Forum Der Abbau von Vorurteilen ist  ein wichtiges Thema in den Projekten und Maßnahmen des Multikulturellen Forums. Mittels partizipativer, selbstreflexiver Methoden in unseren Workshops, Seminaren und anderen Bildungsangeboten zeigen wir die Entstehung von Vorurteilen auf und regen dazu an, die eigenen Vorurteile wahrzunehmen und zu reflektieren. In unseren vielfältigen Begegnungsangeboten ermöglicht das Multikulturelle Forum einen intensiven Austausch und Perspektivwechsel mit Menschen unterschiedlicher Herkunft, Religion, sexueller Orientierung usw., in denen Menschen auf Augenhöhe zusammenkommen und mehr voneinander lernen können. Literatur Bonefeld, M./Dickhäuser, O. (2018): Grading of Students’ Performance: Students’ Names, Performance Level, and Implicit Attitudes, in: Zeitschrift Frontiers in Psychology Fiske, S. (2000): Stereotyping, prejudice, and discrimination at the seam between the centuries: Evolution, culture, mind, and brain, in: European Journal of Social Psychology, 30(3) Schindler, J./Bartsch, A. (2019): Vorurteile – Medien – Gruppen. Wie Vorurteile durch Medienrezeption in Gruppen beeinflusst werden, Wiesbaden: Springer VS
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